Der Umweltschutz, die Reduzierung von Schadstoffbelastungen und das Einhalten von Klimazielen haben die Elektromobilität in den letzten Jahren vorangetrieben. Im Rahmen eines Pilotprojektes, das von der Arbeitsgemeinschaft der Sozialversicherungsträger als Kostenträger im Rettungsdienst Bayern initiiert und finanziert wird, sollen nun Erkenntnisse zur Praxistauglichkeit im Rettungsdienst dokumentiert werden. Mit dem ersten E-KTW geht ein Fahrzeug an den Start, das es in dieser Form in Bayern bis dato nicht gab. Es wird im Wechsel in den BRK-Kreisverbänden Rhön-Grabfeld und Erlangen-Höchstadt zum Einsatz kommen.
Das Thema Elektromobilität wurde bewusst in erster Linie im Krankentransport implementiert, da in diesem Bereich mehr Flexibilität hinsichtlich der Ladezeiten und eine bessere Planbarkeit der Fahrten möglich ist als bei Rettungsmitteln der Notfallrettung, hier werden weiterhin konventionelle Antriebstechniken genutzt.
Das Basisfahrzeug des E-KTW BY 2024 bildet ein Ford E-Transit. Dessen Elektromotor bringt eine Dauer-Motorleistung von 198 kW (269 PS). Die Kraft schöpft der Elektromotor aus einer unter dem Wagenboden im Patientenraum montierten Batterie mit effektiv nutzbaren 68 kWh. Diese reicht bei voller Batterieladung für eine Fahrstrecke von 224 bis 316 km. Dies reicht z. B. für eine Fahrt von Erlangen nach Würzburg - und wieder zurück. Im Anschluss lädt das Basisfahrzeug innerhalb von 35 Minuten mit einer Ladeleistung von 115 kW (DC) wieder auf 80 % Batteriekapazität auf - und steht damit dann für weitere 180 km bereit.
Damit die Batteriekapazität des E-KTW nicht durch den Energiebedarf des Aufbaus für Heizung, Klimatisierung, Beleuchtung und weiterer Verbraucher eingeschränkt wird, hat der Aufbauhersteller Ambulanz Mobile ein unabhängiges zusätzliches Batterie-Pack als Sekundärenergiespeicher mit 10 kWh eingebaut. Aus diesem werden nur die Aufbau-Funktionen versorgt und dieser muss daher auch separat geladen werden.
Es ist ein wichtiger Meilenstein, dass wir heute den ersten elektrischen Krankentransportwagen in Dienst gestellt haben. Um in Hinblick auf alternative Antriebsformen im Rettungsdienst weitere Schritte gehen zu können, muss eine bessere Weichenstellung mit Fokus auf die Ladeinfrastruktur und auf die realistische Umsetzbarkeit erfolgen. Dabei stellen Notfallrettung und Krankentransport ganz besondere Einsatzbereiche dar, mit speziellen Anforderungen und Herausforderungen.
Mit innovativen Ideen und neuer Technologie vorangehen – das ist die Devise auch im Rettungsdienst. Dieses Projekt soll die künftige Richtung eines ebenso leistungsstarken wie ökonomischen und klimafreundlichen Rettungsdienstes vorgeben. Die hieraus gewonnene Erfahrung sollen dann bei der weiteren Entwicklung elektromobiler Konzepte in der Notfallrettung eingesetzt werden. Mein Dank gilt allen, die das Projekt ermöglichen und unterstützen.
Die aufwändige Batterietechnik macht sich jedoch am Fahrzeuggewicht bemerkbar. Kommt ein regulärer Krankentransportwagen mit einer maximal zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen aus und darf damit noch mit der Führerscheinklasse B für PKW gefahren werden, so hat der E-KTW BY 2024 ein zulässiges Gesamtgewicht von 4,25 Tonnen und bedarf daher eines/einer Fahrer*in mit mindestens der Fahrerlaubnis Klasse C1 für leichte Nutzfahrzeuge. Über diesen verfügen im Krankentransport eingesetzte Mitarbeitende im Regelfall nicht, was für eine dienstplanerische Herausforderung in den eingesetzten Kreisverbänden sorgen wird. Das Europäische Parlament hat im Februar 2024 im Rahmen der Novellierung der Führerscheinrichtlinie einer Erweiterung des B-Führerscheins auf 4,25 Tonnen zugestimmt.
Auch unabhängig der Elektromobilität sind unsere Krankentransportwagen bereits heute oft bis an die zulässige Gewichtsgrenze beladen. Fakt ist: Die Basisfahrzeuge werden immer schwerer. Wir begrüßen diese Wendung zur geplanten Führerschein-Änderung ausdrücklich.
Ferner ist die Ladestruktur für elektrische Fahrzeuge noch nicht flächendeckend sichergestellt, ebenso wenig an Rettungswachen, Krankenhäusern oder Einrichtungen der Pflege.
Im Rahmen der Standortauswahl für das Pilotprojekt hat sich das Bayerische Rote Kreuz daher bewusst für Erlangen als Fahrradstadt und Bad Neustadt a. d. Saale (Lkr. Rhön-Grabfeld) als Modellstadt für Elektromobilität entschieden, da hier die notwendigen Rahmenbedingungen vergleichsweise am Besten gegeben sind.
Das Pilotprojekt ist für einen Zeitraum von derzeit mindestens 24 Monaten angesetzt. Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Projekt werden durch das Bayerische Rote Kreuz evaluiert und mit den weiteren Rettungsdienstdurchführenden regelmäßig ausgetauscht.