„Die Pflegefachkräfte haben ernsthafte Verbesserungen mehr als nur verdient“, so Präsidentin Angelika Schorer. „Nicht nur, weil sie in den vergangenen Krisenjahren Immenses für die gesamte Gesellschaft und unseren Sozialstaat geleistet haben, sondern weil ihr Dienst in den kommenden Jahren noch mehr gebraucht wird als bisher.“
Während im Jahr 2021 noch 578.000 Menschen im Freistaat Bayern pflegebedürftig waren, werden es im Jahr 2035 bereits 690.000 und im Jahr 2055 rund 900.000 sein (Quelle: Pflegestatistik 2021, Statistisches Bundesamt). Mit 56 Prozent (2021 im Vergleich zu 2055) wird für Bayern der bundesweit höchste Anstieg prognostiziert.
Den Daten des Pflegegutachtens des Bay. Landesamtes für Statistik zufolge wurden in den vergangenen Jahren rund 50 Prozent der Pflegebedürftigen im Freistaat Bayern entweder durch Angehörige versorgt oder nahmen keine Leistungen in Anspruch. Angenommen, diese Quote würde in den nächsten Jahren beibehalten werden, müssten allein in Bayern rund 450.000 Pflegebedürftige in der vollstationären und ambulanten Pflege versorgt werden. In den vergangenen zehn Jahren entfielen auf einen Pflegebedürftigen durchschnittlich 0,85 Pflegekräfte. Es ergibt sich im Jahr 2055 demnach ein Bedarf an 382.500 Pflegefachkräften, was einem Personalmehrbedarf von mehr als 230 Prozent entsprechen würde.
„Mit dem Wissen, dass wir bereits heute einen Zustand erreicht haben, der sich mit dem Begriff ‚Pflegenotstand‘ kaum mehr zutreffend beschreiben lässt, ist es umso dringlicher wirkungsstarke Maßnahmen auf den Weg zu bringen“, so Vizepräsidentin Brigitte Meyer.
Dabei reichen den beiden Präsidentinnen zufolge nicht nur Modellprojekte, es brauche pragmatische, unbürokratische und vor allem mutige Lösungen. „Es ist richtig, dass die Politik den Fachkräftemangel nicht per Gesetz beseitigen kann“, so Meyer. „Es ist aber auch richtig, dass die Politik vorhandene Instrumente bis heute nicht genutzt hat.“
BRK-Präsidentin Angelika Schorer und BRK-Vizepräsidentin Brigitte Meyer fordern daher: „Die Politik muss zwingend eine verlässliche Strategie entwickeln, um die pflegerische Versorgung für die Zukunft sicherzustellen und für die Pflegenden attraktiv zu gestalten. Die Pflege benötigt Signale der Wertschätzung und Anerkennung.“
Die von der bayerischen Staatsregierung zum 1. Juli 2023 geplante Beschleunigung von Einreise- und Anerkennungsverfahren durch eine Zentralisierung des Verfahrens beim Landesamt für Pflege (LfP) ist den Präsidentinnen zufolge ein richtiger und überfälliger Schritt. „Wichtig ist nun, dass diese Maßnahmen der Entbürokratisierung und Zentralisierung auch sehr schnell Wirkung erzielen und für die Praxis spürbar werden. Heute noch können Anerkennungsverfahren mehr als ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Das wird der großen Not und dem Bedarf der Wohlfahrtsverbände einfach nicht gerecht“, so Brigitte Meyer.
„Nur mit mehr Pflegekräften im System, lassen sich die heutigen, aber auch die zukünftigen Herausforderungen bewältigen“, so Meyer und ergänzt: „Wir können so nicht mehr weitermachen. Pflegeheime verhängen Aufnahmestopps, weil ihnen schlicht das Personal fehlt. Einrichtungen schließen, weil sie die Kosten schon lange nicht mehr decken können. Mitarbeitende fallen in die Arbeitsunfähigkeit, weil sie an das Ende ihrer Kräfte kommen. Wenn wir uns aus dieser Abwärtsspirale der Pflege nicht hinausbewegen, sind verheerende Auswirkungen zu erwarten.“ Dies würde vor allem Menschen treffen, die keine Angehörigen haben, die ihnen die notwendige Pflege angedeihen lassen können.
„Es ist mir schleierhaft, weshalb die Dringlichkeit an Veränderungen im pflegerischen Bereich nicht in wirkungsvolle Maßnahmen mündet. Runde Tische, Gipfeltreffen und Fachgespräche haben in den vergangenen Jahren nicht die Effekte erzielt, die eine Verbesserung der Lage erhoffen lassen“, so Vizepräsidentin Brigitte Meyer.