Drei Monate nach der Todesfahrt über den Weihnachtsmarkt in Berlin bleibt die Terrorgefahr in Deutschland unvermindert hoch. Nicht nur das, sie nimmt sogar noch zu. Nicht erst seit den Anschlägen in Paris und in Belgien ist die Bewältigung von besonderen Einsatzlagen ein wichtiges Thema im BRK. Auch der 10. Bayerische Katastrophenschutzkongress des Bayerischen Roten Kreuzes in Weiden steht ganz im Zeichen der Notfallversorgung in Krisenlagen und einer zerstörten Infrastruktur.
"Der Katastrophenschutz in Bayern, der zu über 80 % vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) getragen wird, zählt zu den besten Systemen der Krisenbewältigung in Europa", sagt BRK-Vizepräsidentin Brigitte Meyer in Weiden. Dieser Erfolg beruht auf Jahrzehnten innovativer Arbeit und einem hohen ehrenamtlichen Engagement auf diesem wichtigen Feld der Daseinsvorsorge. "Der 10. Bayerische Katastrophenschutz-Kongress in Weiden hat sich mittlerweile zum Impulsgeber auf dem Gebiet der Katastrophenhilfe und des Bevölkerungsschutzes in Bayern und weit über unser Bundesland hinaus entwickelt, " sagt Dieter Hausenstein, stellvertretender Landesbereitschaftsleiter des BRK und verantwortlicher Ausrichter des Kongresses.
Die vergangenen Terroranschläge haben mehrfach gezeigt, dass die Retter vor völlig neuen Herausforderungen stehen. "Sehr vieles für die Retter ist neu, sie müssen sich auf völlig andere Verletzungsmuster einstellen und lernen mehr an ihre eigene Sicherheit zu denken. Auch die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden ist neu zu ordnen," sagt Dieter Hauenstein. Bereits im letzten Jahr wurden deshalb Einsatztaktiken anders konzipiert und der neuen Situation angepasst. "Da bei Terrorlagen die Situation auch für die Helfer gefährlich ist, müssen sie die Patienten nach der Erstversorgung noch schneller als sonst aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich bringen." Auch geht es um andere und außergewöhnliche Verletzungsmuster. Dafür müssen Vorkehrungen getroffen werden. Professor Dr. med. Peter Sefrin, Landesarzt des BRK: "Die Fahrzeuge des Rettungsdiensts haben noch mehr medizinisches Equipment an Board, damit zum Beispiel auch Sprengstoffverletzungen adäquat und zeitgemäß versorgt werden können. Dafür wurden die Mitarbeiter des Rettungsdienstes zusätzlich geschult." In einem zweiten Schritt sollen nun die vielen Tausend Ehrenamtlichen für Terrorlagen vorbereitet und ausgebildet werden.
Grundsätzlich stehen in diesen Tagen im Zentrum der Neuorganisation des Katastrophenschutzes im BRK auch die Überprüfung der Ausrüstung und die Vorhaltung der Fahrzeuge des Katastrophenschutzes. Obwohl der Bund und die Länder die Katastrophenschützer materiell gut ausrüsten, sind nicht alle Lagen derzeit ausreichend abgedeckt. Einige Fahrzeuge finanziert das BRK aus Eigenmitteln und Spenden. "Für diese Fahrzeuge brauchen wir noch medizinisches Equipment für Einsätze bei Terrorlagen und dafür noch das Geld. Es ist lebenswichtig, dass wir für alle Szenarien zeitgemäß ausgestattet sind, " sagt BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk. Generell schlägt das BRK den staatlichen Behörden eine klare Arbeitsteilung vor: "Wir stellen die Fachkräfte, die Ausrüstung muss vom Freistaat kommen", und fordert eine neue, zukunftsorientierte Vereinbarung mit dem Staat über die Finanzierung des Katastrophenschutzes.
Besonders den Landesfachdienst CBRN(e), der sich mit den Gefahren chemischer, biologischer, radioaktiver und explosiver Stoffe befasst, will das BRK weiter ausbauen. Diese Spezialisten sind im Unterschied zu den traditionellen ABC-Zügen in der Lage, kontaminierte Patienten auch in Gefahrenzonen medizinisch zu versorgen und kommen bei Unfällen mit diesen besonderen Gefahrenstoffen, in der Expertensprache CBRN(E) Ereignisse genannt, zum Einsatz. "Leider ist in der Vergangenheit die Ausrüstung nur sehr zögerlich von der öffentlichen Hand finanziert worden, ein Großteil stammt noch aus der Zeit der Fußball-WM 2006. Zum G7 Gipfel vor zwei Jahren in Garmisch Partenkirchen wurden vom Freistaat weitere 5 Fahrzeuge finanziert. Aus Mangel an finanziellen Mitteln mussten wir leider unterdessen von den 13 dezentralen Einheiten drei ehrenamtlich betriebene Standorte wieder schließen. Diese Einheiten müssen jedoch flächendeckend vorgehalten werden", so BRK-Mann Dieter Hauenstein.
Vor kurzem wurde in Bayern eine Stabsrahmenübung zur Kooperation von Bundeswehr und Polizei im Krisenfall durchgeführt. "Im Ernstfall ist die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten unbedingt notwendig. Dazu wünschen wir uns gemeinsame und praktische Übungen, insbesondere mit der Polizei", so BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk, "denn Kommunikation und Abläufe müssen zwischen den Einsatzkräften von Polizei und Hilfsorganisationen engstes abgestimmt und erprobt sein."