Als Schichtführerin in der Integrierten Leitstelle Schweinfurt ist Carina Barthel neben der Disposition und Notrufabfrage unter anderem für einen reibungslosen Ablauf des allgemeinen Dienstbetriebs zuständig. Von einem konstant hohen Arbeitslevel und den Problemen des großen Ganzen, die weit über die Corona-Pandemie hinausgehen.
Was sind Ihre Aufgaben als Schichtführerin?
Die Aufgaben des Schichtführers sind vielschichtig. Allgemein kann man sagen, dass ich für sehr viele Unterstützungsprozesse zuständig bin, die einen reibungslosen Ablauf des Dienstbetriebs garantieren. Wir arbeiten in der Leitstelle im Team, jeder hat seine Aufgabe. Da die Disponenten mit ihren spezifischen Aufgaben (z.B. Disposition der Notfallrettung) bereits sehr stark gefordert sind, ist es eine der Aufgaben des Schichtführers, die Kollegen bei Problemstellungen zu unterstützen, die über das normale Maß hinausgehen, d.h. beispielsweise bei sehr problematischen Bettenabklärungen für Patienten.
Zu meine Aufgaben zählen in der Leitstelle Schweinfurt aber auch die Notrufannahme und eine zunehmende Zahl an Verwaltungsaufgaben, zu manchen Zeiten auch die Disposition von Feuerwehr und Rettungsdienst.
Wir stellen uns Ihren Arbeitsalltag in der Leitstelle aktuell ziemlich intensiv vor. Was ist aktuell am schwierigsten für Sie?
Grundsätzlich ist aktuell jeder Prozess in der Leitstelle stark von der Corona-Pandemie beeinflusst. Das beginnt bei der Annahme von Notrufen über den Mehraufwand bei der Klärung von Intensivbetten bis hin zur gesteigerten Kommunikation mit Organisationen, Verwaltungen und Katastrophenschutzbehörden. Wir spüren eine deutliche Steigerung der Arbeitsintensität, benötigen mehr Zeit für die einzelnen Arbeitsschritte. Das ist in der Summe ein nicht unerheblicher Mehraufwand. Diese Steigerung nimmt auch nicht ab oder geht mit Pausen einher. Wir erleben ein durchweg hohes Level an Arbeitsintensität.
Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem ein Bett schwer zu ergattern war und der Patient es dringend nötig hatte?
Aktuell kommt das fast täglich vor. Besonders schwierig war es vergangene Woche mit einem COVID-Patienten mit Atemnot. Ich war 25 Minuten beschäftigt, um ein Bett zu bekommen – normalerweise bindet dies einen Mitarbeiter nur ein paar Minuten. Der Rettungsdienst musste den Patienten dann in ein weiter entferntes Krankenhaus transportieren. Für mich war die Phase der Bettensuche sehr belastend, denn ich wusste, die Kollegen des Rettungsdienstes stehen vor Ort mit einem kritischen Patienten und können die Einsatzstelle nicht verlassen, weil kein Krankenhaus anfahrbar ist.
Lange kann das so nicht weitergehen, wie lange denken Sie, dauert es bis zum Kollaps des Systems?
Ich hoffe, dass sich ein vollständiger Kollaps noch vermeiden lässt. Über den Zeitpunkt oder das Ausmaß kann ich keine Aussage treffen.
Was machen Sie mit Patienten, die Corona, einen Schlaganfall oder bspw. Herzinfarkt haben? Wenn eine Abverlegung oder Weitertransport in entfernte Kliniken auch keine Option mehr ist?
Das ist immer eine schwierige Situation. Aber wir - die Leitstelle und der Rettungsdienst - können keinen Patienten „draußen“ liegen lassen. Ich kann am Telefon nicht sagen „Das geht nicht“ oder „es kommt niemand“. In letzter Konsequenz führt dies zu einer Notfallbelegung im nächsten Krankenhaus, teilweise mit Minimalversorgung und dann zu einer möglichen Weiterverlegung. Aber das Problem wird letztlich nur von der Straße in die Kliniken verlagert. Dann ist vielleicht irgendwann einmal ein Punkt erreicht, an dem die Verantwortlichen in der Klinik eine Triage der Patienten vornehmen müssen. Im schlimmsten Fall kann es zum Tod eines Patienten kommen, weil das Intensivbett nicht verfügbar war.
Reichen die neuen Corona-Maßnahmen der Politik?
Dieses Thema wird aus meiner Sicht aktuell schon zu Genüge diskutiert. Was aber nicht ausreichend thematisiert wird, ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie der Personalmangel in Gesundheits- und Pflegeberufen. Die Gründe hierfür müssen endlich ernsthaft analysiert und dauerhafte Maßnahmen erarbeitet und dann umgesetzt werden. Man muss das große Ganze sehen, denn die Corona-Pandemie hat Probleme aufgedeckt und noch verstärkt. Viele davon waren schon vorher da – sie wurden nur von zu wenigen gesehen.
Was kann jeder Einzelne dafür tun?
Allgemeine Hygienerichtlinien beachten, Kontakte beschränken, sich impfen und auch testen lassen. Statistiken zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit eines schweren COVID-Verlaufs durch die Impfung deutlich reduziert wird. Landen weniger Menschen mit einem schweren Covid Verlauf auf Intensivstationen, gibt es wieder mehr freie Kapazitäten, um den Einzelnen besser zu behandeln.