06.12.19
Der 5. Dezember ist Tag des Ehrenamtes. Und somit Zeit einen ganz besonderen Mann zu ehren:
Rudolf Cermak. Seit mehr als 40 Jahren schlägt sein Herz für das Bayerische Rote Kreuz, als oberster
bayerischer Katastrophenschutzbeauftragter ist er zuständig für die 43.000 Ehrenamtlichen und koordiniert sowie leitet deren Einsätze. Im Juli wurde dem 63-Jährigen für sein Engagement und seine Verdienste um
die Innere Sicherheit von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Bayerische Staatsmedaille
„Stern der Sicherheit“ verliehen.
Im Juli wurde dem 63-Jährigen für sein Engagement und seine Verdienste um die Innere Sicherheit von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Bayerische Staatsmedaille „Stern der Sicherheit“ verliehen.
Eine Auszeichnung, die das Lebenswerk eines Mannes würdigt, der stets Verantwortung übernahm und Weitsicht bewies. In den mehr als vier Dekaden beim BRK hat Rudolf Cermak die Hilfsorganisation mitgeformt wie wenig andere und hatte dabei immer das Wohl der Menschen im Blick. Anderen zu helfen, das scheint ihm irgendwie in die DNA eingeschrieben zu sein. Schon bei der Pfarrjugend hat er sich um Jugendliche gekümmert und dort einen Erste-Hilfe-Kurs organisiert. Über persönliche Kontakte kam die Verbindung zum Arbeiter-Samariter-Bund zustande, wo bereits sein Vorstellungsgespräch in einem ersten „Einsatz“ endete.
Die Weichen waren gestellt, sein Weg führte Cermak in der Folge über eine Stelle als Mitarbeiter des BRK-Präsidiums in der Rettungsleitstelle (RLSt) München (1978 bis 1986) zum Schichtführer der RLSt.
1986 wirkte er dort federführend bei der Einführung der EDV in der Landesgeschäftsstelle mit. Im Jahr 1988 wurde er zum Leiter des Landesnachforschungsdienstes berufen und arbeitete dort maßgeblich an den Themen Familienzusammenführung und Betreuung. Im Zuge der schrittweisen Öffnung des Eisernen Vorhangs und der DDR-Übersiedleraktionen war Cermak mit der Errichtung von fünf Auffangstellen in Bayern betraut. Im von ihm initiierten Landesauskunftsbüro wurden innerhalb von sechs Monaten 74.000 Menschen registriert.
Von 1994 bis 1999 war Cermak als persönlicher Referent des Landesgeschäftsführers und des damaligen Präsidenten Reinhold Vöth tätig, bevor er 1999 schließlich die Geschäftsführung der Bereitschaften im BRK übernahm eine – Position, die er bis heute innehat. Ein Gespräch über Engagement und die Arbeit einer Hilfsorganisation im Wandel der Zeit.
Herr Cermak, Sie haben in Ihrer langen Karriere viel erlebt, von diversen RAF-Anschlägen, Industriehavarien und Demonstrationen in Wackersdorf über das Oktoberfestattentat 1980 bis hin zu den ganz normalen, täglichen Routineeinsätzen. Sie waren bei zahlreichen Auslandseinsätzen, unter anderem in Sarajevo, sprichwörtlich an vorderster Front und fungieren seit 20 Jahren als Koordinator und Einsatzleiter bei Großereignissen wie etwa bei der Fußball-WM 2006 und dem Papst-Besuch in Bayern sowie bei Katastrophenlagen wie dem Hochwasser 2013 in Deggendorf. Zudem waren Sie von 2014 bis 2016 Mitglied im Stab der Staatsministerin Emilia Müller und haben sich dafür eingesetzt, Geflüchteten optimale Rahmenbedingungen für ein vernünftiges Leben bei uns zu verschaffen, indem Sie unter anderem hausärztliche Versorgung in den Auffangstellen sichergestellt haben. Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung „Stern der Sicherheit“?
Das ist eine ungemein große Ehre, die mir zuteil wurde. Dafür bin ich sehr dankbar und es freut mich, dass Engagement gesehen wird. Wobei ich aber auch betonen möchte, dass ich zwar derjenige bin, der die Auszeichnung bekommen hat, es aber der Zusammenarbeit mit meinem langjährigen Team zu verdanken ist, dass alles über die Jahrzehnte hinweg so erfolgreich und reibungslos abgelaufen ist.
Als langjähriger Beobachter von Einsatzlagen jeglicher Couleur, aber auch der Geisteshaltung unserer Gesellschaft: Was hat sich im Laufe der letzten 40 Jahre verändert?
Wenn ich auf meine Zeit im Rettungsdienst zurückblicke: Die Leute haben heute ein ganz anderes Anspruchsdenken als damals. Früher ist der Landwirt, der sich die Mistgabel in den Fuß gerammt hat, von seinem Sohn mit dem Traktor ins Krankenhaus gefahren worden, heute ruft man bei der kleinsten Sache den Rettungsdienst, ohne darüber nachzudenken, dass das eigentlich eine Mangelressource ist. Wer den Rettungsdienst bei Lappalien ruft, blockiert damit ein hochwertiges Rettungsmittel, das bei einem anderen Einsatz fehlt, bei dem es vielleicht dringender gebraucht worden wäre. Auch die Aggressionshäufigkeit hat zugenommen. Wir sind zwar auch damals schon angegangen worden, das ist aber dadurch aufgefangen worden, dass die Polizei entsprechende Maßnahmen eingeleitet und die Leute in die Schranken verwiesen hat. Heute haben die Menschen nicht einmal mehr Respekt vor der Polizei. Doch es gibt auch Positives zu vermelden: Heute stehen bessere Tragen zur Verfügung als früher. Der Sanitätsdienst ist nicht mehr ganz so belastend. Und wir haben neue Verbandmaterialien wie beispielsweise das Tourniquet, das im REBEL-Set vorgehalten wird
Ist es nicht frustrierend zu sehen, dass an Einsatzorten statt Hilfsbereitschaft Sensationslüsternheit herrscht und Gaffer mit ihren Smartphones das Geschehen filmen?
Da muss man vorsichtig sein und relativieren: Nicht alle Menschen sind so. Es gibt leider Ausnahmen und die sind besonders auffällig. Aber die meisten Menschen helfen noch. Früher hat man bei Unfällen seinen Kindern gesagt, sie sollen wegsehen. Heute fordert man sie regelrecht auf hinzugucken, damit sie abgehärtet werden. Was tatsächlich problematisch ist: Die Leute schaffen es nicht, eine vernünftige Rettungsgasse zu bilden. Das klappt vielleicht nur in einem von fünf Fällen, der Rest fährt kreuz und quer. Dabei ist es doch so einfach: Die linke Spur fährt links, die anderen beiden rechts.
Können Sie sich noch über Großereignisse freuen oder denken Sie nur an die damit verbundene Arbeit?
Ich freue mich über jedes Großereignis, das wir hier in Bayern haben. Wir wissen, dass wir gut aufgestellt und dass wir nicht alleine sind. Wir arbeiten sehr eng mit den anderen Hilfsorganisationen zusammen, es gibt kein Gegeneinander, sondern ausschließlich ein Miteinander. So können wir uns 100-prozentig aufeinander verlassen. Ich würde mich also durchaus auf die EM 2020 freuen – wenn ich nicht am 31. Januar 2020 meinen letzten Arbeitstag hätte. Ich gehe in den „Unruhestand“ und werde mich weiter meinem Hobby, der Politik, widmen. Dort will ich meine Erfahrungen in den Dienst der Landeshauptstadt München stellen in Form meiner Fraktionsmitgliedschaft im Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Zudem stehe ich auch auf der Stadtratsliste.
Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des BRK?
Ich wäre sehr froh, wenn das Innenministerium weiterhin so konstruktiv mit dem BRK zusammenarbeiten würde wie bisher und uns weiterhin in unserem Bestreben fördern würde, ausreichend Ehrenamtliche zu motivieren, die zur Verfügung stehen, wenn’s brennt.
Vielen Dank für das Gespräch.